Johannes Bobrowski (1917-1965)

»Schattenland Ströme«


Poetischer Atem einer erinnerten Landschaft
Der in Litauen 1917 geborene und in Königsberg aufgewachsene Johannes Bobrowski galt als eine große dichterische Begabung, die gekürt mit dem Preis der Gruppe 47 (1962) über die DDR hinaus internationale Aufmerksamkeit weckte. Der kauzig innerlich zurückgezogene und zugleich liebenswürdig erscheinende Lyriker, später auch Prosaist, starb unerwartet an den Folgen eines Blinddarmdurchbruchs am 2. September 1965 in Berlin. Nur ein Jahrzehnt war ihm gegönnt, um seine schriftstellerische Prägung zu entfalten.
Sein poetisches Interesse war sehr existentiell begründet, bezog sich auf die leidvoll erinnernde und zugleich Gegenwart atmende östliche Landschaft seines heimatlichen Nordens: Litauen, das Memelgebiet, Ostpreußen, Rußland und Polen und ihre jüdische Eingebundenheit. Bobrowskis Kindheit, faschistisch geprägte Kriegserfahrungen prägen die lyrischen Landschaftsportraits und sperrigen Erinnerungsbilder des sensiblen Einzelgängers. Bobrowskis Sprachpoesie besitzt erlebnishafte Sinnlichkeit und beobachtende Eindringlichkeit. Man erkennt in dieser speziellen zeiterinnernden und gegenwartbegreifenden Poesie das originäre gesellschaftliche Profil Bobrowskis, dessen aufklärerisches Engagement in der DDR nicht anstößig verfolgt, nur abwartend begleitet wurde.
Auch in der Bundesrepublik reagierte man verunsichert auf diese Landschaftslyrik, deren erinnernde Provokation und Betroffenheit auf die Lyrik Paul Celans hinweist.

 
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